Brugg Group im Aufwind

Die Neuausrichtung der Brugg Group hat sich gelohnt. Die weltweit tätige Industriegruppe konnte den Gewinn nochmals steigern.
Starke Führungscrew: Verwaltungsratspräsident Jürg Suhner, Martin Rigaud, Leiter Fernwärme, Urs Bopp, CFO Brugg Pipes, und Stephan Wartmann, CEO Brugg Group, vor dem Werk von Brugg Pipes in Böttstein. (Bild: ARU)

In der Werkhalle von Brugg Pipes im Industrieareal von Böttstein riecht es nach Metall und Kunststoff. Die Geräuschkulisse, die an Björks Song «Cvalda» im Film «Dancer in the dark» erinnert, trägt einen mitten hinein ins Herz des Betriebs. Hier wird geschweisst, gehämmert, geschäumt, erhitzt und gekühlt. Die Produktion der Rohrsysteme für den Transport von Fernwärme, Warm- und Kaltwasser, Gasen und Öl ist beeindruckend. Ausgestattet mit der richtigen Innen- und Aussenbeschichtung, passieren die flexiblen Rohre die Kühlwasseranlage und werden anschliessend
auf imposante Metallrollen gedreht. Diese machen die bis zu fünf Kilometer langen Rohre transportfähig. Vor der Werkhalle lagern die zugeschnittenen Abschnitte der starren Rohrteile. Von hier aus werden sie zu den Baustellen im ganzen Land transportiert, die mit den höheren Frühjahrstemperaturen die Verlegungsarbeiten nun wieder aufnehmen.

Schnelles Wachstum
Zur Hauptsache kommen die Rohrsysteme von Brugg Pipes bei Fernwärmeanlagen zum Einsatz – einem florierenden Geschäft, wie die Pressekonferenz der Brugg Group vom vergangenen Donnerstag in den Räumlichkeiten in Böttstein deutlich machte. Der Umsatz von Brugg Pipes stieg im vergangenen Jahr um 16 Prozent auf 216 Millionen Franken. «Die Riesendynamik ist auch eine Herausforderung», betonte Martin Rigaud, Leiter Fernwärme bei Brugg Pipes.

Doch nicht nur dieser Geschäftszweig brachte der Industriegruppe, die den Namen Brugg in die ganze Welt hinausträgt, Erfolg. Nach einem starken Vorjahr stieg der konsolidierte Umsatz gesamthaft um 11 Prozent, konkret von 579 Millionen auf nun 640 Millionen Franken an. Auch den Gewinn konnte die Brugg Group nochmalig steigern. Diese Bilanz macht deutlich: Die strategische Neuausrichtung des Unternehmens hat sich gelohnt.

«Die Energiewende prägen»
2020 stand die junge Führungscrew an einem Wendepunkt. Sie beschloss, die Hochspannungssparte abzustossen. Am 1. März 2020 wurde die Brugg Kabel AG, eine der fünf Divisionen der Brugg Group, in die italienische Terna-Gruppe integriert. Das war ein Bruch mit der Tradition und gleichzeitig ein Strategiewechsel mit Zukunft. Sämtliche Aktivitäten der Gruppe fokussieren seither auf drei Megatrends: Energiewende, Nachhaltigkeit und Infrastrukturschutz. «Wir wollen die Energiewende prägen», so brachte Verwaltungsrat Jürg Suhner die Neuausrichtung auf den Punkt, «und wir bringen konkrete Lösungen.»

Diese Verbindung zwischen visionärem Denken und Bodenhaftung bringt die Brugg Group in ihrer neuen Unternehmenskultur zum Ausdruck. «Wir wollen eine Verbindung zwischen Aktionären und Produkten schaffen», so Suhner. Die Aktionärsversammlungen und die Sitzungen des Verwaltungsrats finden deswegen in einem Kundenbetrieb statt. «Das direkte Feedback der Kunden ist unglaublich wertvoll», betonte Jürg Suhner. «Es hat eine grosse Dynamik ins Unternehmen gebracht.» Es lohne sich, die Kunden eng und intensiv in die Innovation einzubinden, unterstrich ebenfalls Stephan Wartmann, CEO der Gruppe, der die Zahlen der Gesamtgruppe und der einzelnen Divisionen präsentierte. «Es ist wichtig, diese Nähe zur Praxis im Arbeitsalltag zu spüren.»

eConnect steigert Umsatz massiv
Fatzer, Herstellerin von Seilbahn- und Architekturseilen, erreichte 2022 einen Umsatz von leicht über 50 Millionen Franken. Das entspricht einem Umsatzwachstum von 23 Prozent. Treiber der erhöhten Nachfrage waren unter anderem der nach der Coronapandemie wieder aufblühende Tourismus. Geobrugg entwickelt und produziert hochfeste Schutznetze. Diese Division steigerte ihren Umsatz um 8 Prozent auf 177 Millionen Franken. Brugg Lifting wiederum konnte ihre Marktposition als Entwicklerin und Produzentin von Aufzugsseilen, Drahtseilen und Hebemittel stärken. Der Umsatz stieg im vergangenen Geschäftsjahr um rund 3 Prozent auf 93 Millionen Franken.

Rittmeyer, spezialisiert auf Prozessleitsysteme in der Wasser-, Abwasser- und Energieversorgung, stösst im kleinen Markt Schweiz und in den angrenzenden Ländern auf Wachstumsgrenzen. Sie wird sich deshalb internationaler ausrichten. Aufgrund von Lieferengpässen im ersten Halbjahr, die zu Verzögerungen führten, resultierte für 2022 ein etwas tieferer Umsatz. Er betrug 66 Millionen Franken (minus 3,1 Prozent). Der Auftragsbestand hingegen stieg um 15 Prozent. Brugg eConnect als jüngstes Standbein der Gruppe Brugg stellt Spezialkabel sowie Kabelsysteme für Windenergie und E-Mobilität her. Innert dreier Jahre hat sich der Umsatz dieser Sparte verdoppelt und erreichte 2022 34 Millionen Franken (plus 35 Prozent).

Brugg Real Estate bewirtschaftet und entwickelt die Immobilien und Landreserven der Gruppe. Nach dem markanten Centurion-Hochhaus am Bahnhof Brugg laufen derzeit die Projektierungen zweier Wohnüberbauungen und des Industrieparks Brugg in Birr. Der Umsatz von Brugg Real Estate liegt bei 8 Millionen Franken (plus 6 Prozent).

Die Basis von Brugg Pipes: Mitarbeiter in der Werkhalle in Böttstein. (Bild: ARU)

Interview mit Urs Bopp, CFO Brugg Pipes:
Urs Bopp, mit Brugg Pipes haben Sie ein florierendes Business an der Hand. Wie blicken Sie in die Zukunft?
Das Potenzial ist gigantisch, bedingt durch die Energiewende, die auf uns zurollt. Was den Ersatz von fossilen Brennstoffen durch andere Energiequellen angeht, herrscht in Deutschland und der Schweiz extremer Nachholbedarf. Hier können wir gute Lösungen anbieten.

Das Geschäft mit der Fernwärme boomt. Kommen Sie überhaupt nach mit der Produktion Ihrer Rohrsysteme?
Es ist eine extreme Herausforderung. In der Vergangenheit war es tatsächlich so, dass wir freie Kapazitäten hatten. Das hat sich im vergangenen Jahr diametral geändert. Die Nachfrage hat so stark zugenommen, dass wir an einer Kapazitätsgrenze angekommen sind. Deshalb müssen wir nun investieren. Wir bauen in Deutschland und in der Schweiz massiv aus, zudem bauen wir Kapazitäten für arbeitsintensive Tätigkeiten in Polen auf, ebenso in Amerika. Wir versuchen global, die Kapazitäten herzustellen, die wir brauchen, um die entsprechenden Märkte beliefern zu können.

Sie kommen ja richtig ins Schwärmen.
Auf jeden Fall! Brugg Pipes ist ein hervorragender Case. Wir haben Rahmenbedingungen, wie wir sie in den vergangenen zehn Jahren noch nie hatten. Das ist wirklich etwas Tolles. Kommt hinzu, dass der Markt in unserem Fall nicht irgendwo in Indien oder China ist, sondern direkt hier in der Schweiz – vor der Haustür. Dass wir in unserem nahen Umfeld einen Beitrag leisten können, um die Energiewende tatkräftig zu unterstützen, das begeistert und motiviert mich bei meiner Arbeit.

Hand aufs Herz: In welcher Höhe bewegt sich das Investitionsvolumen bei Brugg Pipes?
Das geben wir so konkret nicht bekannt. Wie viel wir investieren, wird in Abstimmung mit der Gruppe entschieden. Jede Division der Brugg Group hat ihre Bedürfnisse. Das erfordert gesamthaft eine gute und umsichtige Koordination der finanziellen Mittel.

Sie leiten den Finanzbereich einer Firma, die sehr schnell wächst. Welche Herausforderungen bringt das mit sich?
Es gilt, Investitionen in verschiedenen Bereichen zu tätigen. Einerseits in Maschinen, Anlagen und Technologie, aber auch in Gebäude, denn die Anlagen brauchen ihren Platz.

Hinzu kommen neue Arbeitsplätze, die untergebracht werden wollen. Wir haben in den letzten Jahren 200 zusätzliche Mitarbeitende angestellt. Das braucht einen entsprechenden Ausbau der Infrastruktur. So langsam gehen uns hier in Kleindöttingen die Büroräumlichkeiten und die Parkplatze aus, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Die Challenge bei diesem schnellen Wachstum ist, nicht zu sehr in die Vorleistungen hineinzugehen. Man muss das alles clever managen und dabei risikofreudig und doch vorsichtig vorgehen.

Was machen Sie besser als die Konkurrenz?
Wir sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort, sind sehr gut positioniert, und wir sind – explizit im Schweizer Markt – sowohl Nischenplayer als auch Marktleader. Das ist insgesamt eine tolle Ausgangslage, die uns Planungssicherheit gibt. Wir haben Projekte am Laufen, und wir wissen, dass neue auf uns zukommen. Trotzdem ist das ganze kein abgehobener finanzieller Höhenflug.

Die Marschrichtung in die Zukunft ist für mich klar. Mit der Fernwärme haben wir ein sehr starkes Standbein. Der Industriebereich ist deutlich kleiner. Natürlich gibt es auch dort Potenzial, aber die grosse Umsatzsteigerung, die machen wir in den kommenden Jahren definitiv mit der Fernwärme.