Daniel Glattauer: Die spürst du nicht

In der Rubrik «Buchtipp» erzählen Mitarbeitende der Gemeinde- und Schulbibliothek Windisch von ihren Leseerfahrungen – und sorgen so für Inspiration.

Im Roman «Die spürst du nicht» von Daniel Glattauer geht es gemäss dem Autor «um Menschen, von denen wir nichts wissen wollen, weil wir sie nicht spüren». Zwei Familien, die Binders und die Strobl-Marineks aus der gehobenen Mittelschicht Österreichs, machen Urlaub in einer Luxusvilla in der Toscana. Die 14-jährige Sophie Luise darf eine Schulfreundin mitnehmen, Aayana, ein Flüchtlingskind aus Somalia. Die schon im Klappentext angesprochene Katastrophe, die nach wenigen Seiten eintritt, hat mich in ihrer Drastik überrascht. Die Familien brechen den Urlaub ab, und zurück in Österreich folgen wir den verschiedenen Beteiligten bei ihren Bemühungen mit der Katastrophe umzugehen. Es folgt ein Gerichtsprozess, der für alle Beteiligten unerwartet ausgeht. Glattauer erzählt spannend, unterhaltsam, satirisch. Seine Figuren sind oft nicht sehr realitätsnah, sondern eher überspitzt und stehen für allgemeine Typen in unserer Gesellschaft. Das finde ich amüsant bei den beiden Familien und ihren Anwälten, aber etwas problematisch bei der Figurenzeichnung der Flüchtlingsfamilie, denn diese korrespondiert meiner Meinung nach nicht mit der Schwere ihres Schicksals. Aber vermutlich ist das Absicht, denn nur so spürt man sie eben nicht.

Die spürst du nicht
Roman von Daniel Glattauer
Zsolnay, 2023