Ja zu Stellvertretungen bei Mutterschaft

Der Einwohnerrat hat sich mit allerlei Vorstössen befasst und eine Stellvertretungsregel für zwingende Abwesenheiten seiner Mitglieder beschlossen.
Ein ganzes Quartier – hier die Kreuzung der Neustrasse mit der Austrasse – bekommt neue Werkleitungen und Strassen-beläge. Den nötigen Bruttokredit von 3,7 Millionen Franken beschloss der Einwohnerrat einstimmig. (Bild: bkr)

«Zwingend nötig, gut organisiert und geplant» – so das einstimmige Echo aus dem Einwohnerrat auf einen Bruttokreditantrag von 3,7 Millionen Franken für die Sanierung von Werkleitungen und Strassen im Gebiet nördlich des Gottesgrabens (Details in der Ausgabe vom 15. Juni). Wesentlich mehr zu reden gab ein parlamentarischer Vorstoss zum Thema Vertretungsreglung für Einwohnerrats-
mitglieder – insbesondere für Mütter in den ersten 14 Wochen nach der Geburt ihres Kindes gedacht. Eingereicht haben diese Motion Einwohnerrätin und -räte aus den Reihen von SP, Wetti Grüen, GLP, EVP und Mitte. Also eine klare Sache und die SVP in der Minderheit?

Die Motion nimmt die vom Volk beschlossene kantonale Stellvertretungsregelung auf, die für den Grossen Rat gilt. Demnach ist eine Vertretung bei Abwesenheit infolge Mutterschaft, Krankheit oder Unfall möglich und muss zwischen drei und zwölf Monate dauern. Die Vertretung wird im Grundsatz nach denselben Regeln bestimmt, die für das Nachrücken beim Ausscheiden eines Mitglieds aus dem Kantonsparlament oder einem Einwohnerrat gelten. Was aus Sicht der SVP bei diesem Vorstoss «gar nicht geht», ist, «dass Abwesenheit wegen Militärdienst als Grund für eine Vertretung nicht genannt wird». Dazu meinte Hannes Streif (GLP): «Wiederholungskurse kann man im Gegensatz zu einer Schwangerschaft staffeln.» Und: «Ein guter Soldat bekommt für die Teilnahme an einer Einwohnerratssitzung bestimmt Urlaub.»

«Freibetrag» von 2300 Franken
Eine Schwangerschaft ist etwas anderes – auch arbeitsrechtlich. Wenn eine Mutter nach der Geburt ihre Arbeit wieder aufnimmt, bevor die 14 Wochen Mutterschaftsurlaub abgelaufen sind, endet der Anspruch auf Entschädigung umgehend. Allerdings gibt es eine Ausnahme, wie Ursula Depentor von der Mitte in ihrem Votum festgestellt hat: Bei einem geringfügigen Nebenerwerb mit einem AHV-massgebenden Lohn von nicht mehr als 2300 Franken pro Jahr bleibt der Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung bestehen. Bei einer Entschädigung von 100 Franken pro Sitzung läuft somit keine Einwohnerrätin Gefahr, ihrer Mutterschaftsentschädigung aufgrund ihres Mandats verlustig zu gehen. Das, aber auch der Umstand, dass derzeit in Bern gleich drei Standesinitiativen hängig sind, in welchen verlangt wird, dass Frauen nach einer Geburt ihre Parlamentsmandate ohne negative finanzielle Konsequenzen wahrnehmen können, führte im Einwohnerrat mit 25 gegen 18 Stimmen zu einem eher knappen Ja für die Motion. Nach diesem Ja muss die Gemeindeordnung angepasst und zur Volksabstimmung gebracht werden. Dazu dürfte es allerdings frühestens 2024 kommen.