«Ich bin gegen Unterdrückung»

Der Pakistani Malik Allawala aus Wettingen ist Pressesprecher des Verbands Aargauer Muslime. Am 4. November findet im Aargau der Tag der offenen Moscheen statt. Der inter religiöse Dialog ist ihm enorm wichtig.
Malik Allawala will in erster Linie als Mensch wahrgenommen werden – nicht als Muslim. (Bild: ub)

Mit der Debatte über das Kopftuch wird Malik Allawala ständig konfrontiert. Obwohl er seit über 50 Jahren in der Schweiz lebt, das hiesige Bürgerrecht besitzt und seine Frau aus Lausen BL stammt. Der praktizierende Muslim findet es schade, dass Angehörige des Islams oft auf die Kopfbedeckung reduziert werden. Trotzdem antwortet er stets geduldig und ruhig. «Dieses Land ist seit Langem meine Heimat. Meiner Meinung nach soll jeder Mensch hier so leben können, wie er möchte. Ich bin gegen Unterdrückung jeglicher Art und Weise. Egal ob es im Namen der Religion oder der Politik ist», sagt der 71-Jährige und streicht sich über seinen silbergrauen Bart.

Verbote und Tabuisierung sind für ihn der falsche Weg. Dazu zählen sowohl Kopftuchzwang als auch Kopftuchbann. Die Männerhierarchie, die in den meisten Gesellschaften vorherrscht, erachtet er grundsätzlich als problematisch. Nicht nur in islamischen Staaten. «Es ist nicht tolerierbar, dass Frauen unterdrückt werden – aber leider immer noch weltweit Tatsache», bekundet er. Allawala sieht der Zukunft aber hoffnungsvoll entgegen. «Ich vertraue auf das gute Schulsystem hierzulande. Dank ihm reifen Jugendliche zu selbstbewussten und offenen Menschen heran, die später ihr Leben nach eigenen Wünschen gestalten. Ob Mann oder Frau.» Seit Jahren engagiert er sich stark in der Jugendarbeit und erachtet die Senkung des Stimmrechtsalters von 18 auf 16 Jahre als durchaus sinnvoll.

Angst – ein schlechter Ratgeber
Allawala wuchs mit zwölf Geschwistern in Karachi (Pakistan) auf. In der Grossfamilie hat er von klein auf gelernt, zu teilen und Rücksicht auf andere zu nehmen. 1972 kam er in die Schweiz, um in Biel Maschinenbau zu studieren. 44 Jahre lang war er als Kraftwerkspezialist in der BBC, der späteren ABB, sowie bei der Alstom und GE tätig. Seit 1979 wohnt er mit seiner Familie in Wettingen. «Eine Frau, ein Job und seit Jahrzehnten derselbe Wohnort: Eigentlich bin ich ein langweiliger Mensch», sagt Allawala und muss lachen.

Seinen Glauben übt er aktiv aus und betet täglich fünfmal. Dieses Ritual bringt Ordnung und Ruhe in sein Leben. «Durch den Glauben fühle ich mich demütig und dankbar, aber auch frei von inneren Zwängen», bekundet er. Freiheit sei für ihn ein essenzielles Gut: «Wer sich nicht frei fühlt, wird oft von Ängsten geplagt. Und Furcht ist ein schlechter Ratgeber», ist Malik Allawala überzeugt.

Aber genau mit diesem Gefühl sieht er sich als Muslim in der Schweiz konfrontiert. Er erlebt, dass meist falsche Vorstellungen und Verallgemeinerungen die Hauptursachen dafür sind. Um Vorurteile abzubauen, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulturen zu fördern, engagiert er sich seit Langem im Verband Aargauer Muslime (VAM). Seit sieben Jahren steht er dem Verband als Pressesprecher vor. Der Tag der offenen Moscheen, der dieses Jahr am kommenden Samstag an mehreren Orten im Kanton Aargau stattfindet, ist für ihn ein wichtiger Anlass, um mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen. Er selbst wird in Döttingen (Hauptstrasse 5) sein, um alle Fragen zu beantworten, die den Menschen auf den Nägeln brennen.

Film über einen jungen Muslim
Es wird an diesem Anlass keine Predigten oder Vorträge geben, dafür Kaffee und Kuchen. Die Atmosphäre soll offen und ungezwungen sein. «Wir sind keine Bedrohung und wollen in erster Linie als Menschen wahrgenommen werden, nicht als Muslime», betont Allawala. Der interreligiöse Dialog liegt ihm am Herzen: «Es ist mir ein Anliegen, dass man vermehrt mit uns diskutiert statt nur über uns.» Im Auftrag des VAM hat er die Geschichte zum Spielfilm «Tariqs Weg» geschrieben. Darin geht es um einen jungen Muslim, der in die Fänge von Extremisten gerät. Seit der Premiere 2022 im Trafo Baden wurde der Film schon an verschiedenen Oberstufenschulen gezeigt.

In seiner Freizeit betätigt sich der Vater von drei erwachsenen Kindern leidenschaftlich in seinem Schrebergarten in Wettingen. Auf dem Küchentisch liegen Chilis in allen Farben und Formen, die er kürzlich geerntet hat. «Ich fühle mich vom Leben reich beschenkt und bin zufrieden mit dem, was ich habe», so Allawala. Solange er kann, will er deshalb Menschen zur Seite stehen, deren Leben nicht so harmonisch verläuft wie sein eigenes. Jahrelang war er im Care-Team Aargau engagiert und ist bis heute seelsorgerisch tätig, indem er Hilfesuchende in problematischen Situationen berät. «Ich bin einfach da, wenn man mich braucht», sagt er unprätenziös. Angst vor dem eigenen Sterben plagt ihn nicht: «Ich habe keine Rechnungen offen und niemals das Gefühl, etwas verpasst zu haben.»

Tag der offenen Moscheen
Samstag, 4. November, 14 bis 17 Uhr
Landstrasse 3, Gebenstorf
aargauermuslime.ch