Standing Ovations für Stefan Gloor

Das Abfallreglement wurde zurückgewiesen, die Steuerfusssenkung angenommen und die «Gloorreiche Zeit» als Wort des Jahres bezeichnet.
Der scheidende Vorsitzende der Geschäftsleitung, Gemeindeschreiber Stefan Gloor, und seine Nachfolgerin Fabienne Fischer. (Bild: pg)

Es war wohl nicht die vom Gemeinderat beantragte Senkung des Steuerfusses um 3 Prozentpunkte, sondern die Verabschiedung des langjährigen Gemeindeschreibers Stefan Gloor, die rekordverdächtige 166 der 3354 stimmberechtigten Gebenstorferinnen und Gebenstorfer zur Teilnahme an der Gemeindeversammlung bewogen hat. Nebst früheren Behördenmitgliedern durfte Gemeindeammann Fabian Keller zahlreiche Verwaltungsmitarbeitende sowie die durch Lehrerin Marianne Fehlmann begleitete dritte Sekundarklasse willkommen heissen.

Absage fürs Abfallreglement
Mit einem neuen Abfallreglement beabsichtigt der Gemeinderat, die aus dem Jahr 1994 stammende Abfallverordnung und die dazugehörige Abfallgebührenverordnung aus dem Jahr 2006 neuzeitlich zu gestalten, neu zu formulieren und zu strukturieren. Zudem soll die Abfallverordnung durch ein Abfallreglement ersetzt werden. Im Dezember 2022 wies der Eigenwirtschaftsbetrieb Abfall ein Vermögen von 440 000 Franken aus und generiert jährlich einen Vermögenszuwachs. «Um dieses angehäufte Kapital und den Zuwachs zu minimieren, wurde eine Investitionsplanung für eine Zeitspanne von fünf Jahren ausgearbeitet», so Vizeammann Urs Betschmann. Angedacht waren die Erstellung einer Unterflursammelstelle, eine einmalige Beteiligung an den Kosten der Chipdatenträger sowie alle zwei Jahre eine Gratisentsorgungswoche. Das Reglement sah vor, den Gemeinderat zu ermächtigen, die Gebühren den veränderten Abfallbewirtschaftungskosten unter Wahrung der Tarifstruktur so anzupassen, dass die Eigenwirtschaftlichkeit des Betriebs gewährleistet bleibt. Vorgesehen war bei Bedarf auch eine Änderung des Entsorgungs- und Tarifsystems für die einzelnen Abfallarten durch den Gemeinderat. In einer ausgiebigen Diskussion brachten zahlreiche Versammlungsteilnehmende ihre Skepsis gegenüber dem Reglement, der künftigen Preisgestaltung und dem Handling mit dem Chipdatenträger zum Ausdruck. Auf Antrag der SVP wurde das Geschäft mit 108 Ja zu 33 Nein zurückgewiesen.

Dringend und notwendig
«Beim Ersatz der Trinkwasserleitung vom Büelweg bis zum Lochmüliweg wurde festgestellt, dass sich die Netzverbindungsleitung im Lochmüliweg in einem schlechten Zustand befindet und davon ausgegangen werden muss, dass das ebenfalls für das Teilstück bis zur Hinterrebenstrasse zutrifft», so die Leiterin des Ressorts Bau, Giovanna Miceli. In den vergangenen Wochen und Monaten kam es zu mehreren Leitungsbrüchen, was mit einer Filmeinspielung dokumentiert wurde. Das 110 Meter lange Teilstück, auf dem die Leitungen erneuert werden sollen, führt zum Teil durch steiles Gelände, was sich auf die Kosten auswirkt. Giovanna Miceli beziffert die Projektkosten für den Eigenwirtschaftsbetrieb Wasserversorgung mit 195 000 Franken. Um Synergien zu nutzen und Kosten zu sparen, wird sich die Elektrizitätsversorgung Gebenstorf AG am Projekt beteiligen. Der Kreditantrag über 195 000 Franken wurde einstimmig genehmigt.

Steuerfuss gesenkt
Ausführlich und umfassend präsentierte Finanzvorsteher Patrick Senn das Budget 2024. Da die Gemeinde den Steuerfussabtausch zwischen dem Kanton Aargau und der Gemeinde im Jahr 2018 – nicht zuletzt infolge grosser Investitionen – nicht weitergegeben habe, sei es nun an der Zeit, das nachzuholen. «Mit der Reduktion des Steuerfusses um 3 Prozent auf 105 Prozent will der Gemeinderat ein Zeichen setzen und die Auswirkungen der aktuellen Kostensteigerungen für Privathaushalte dämpfen», so Senn. Die Reduktion des Steuerfusses auf 105 Prozent bedeutet für das operative Ergebnis einen Fehlbetrag von 588 480 Franken. Dank einer Entnahme aus der Aufwertungsreserve kann gleichwohl ein Ertragsüberschuss von 179 000 Franken ausgewiesen werden. Obwohl einzelne Votanten Gründe für die Beibehaltung des Steuerfusses von 108 Prozent vorbrachten, wurde das Budget 2024 mit einem Steuerfuss von 105 Prozent mit 134 Ja zu 23 Nein deutlich angenommen.

34 Gloorreiche Jahre
Während knapp 34 Jahren hat Gemeindeschreiber Stefan Gloor die Geschicke der Gemeinde mitgeprägt und nicht weniger als fünf Gemeindeammänner in ihrem Wirken unterstützt. In seiner Laudatio bezeichnete Gemeindeammann Fabian Keller all die Jahre als eine «Gloorreiche» Zeit, in der Gloor stets eine gesunde und nachhaltige Entwicklung der Gemeinde im Fokus hatte. Als Zeichen der Wertschätzung überreichte er dem vorzeitig in Pension gehenden Vorsitzenden der Geschäftsleitung Blumen und ein Präsent. In seinem von zahlreichen Reminiszenzen gespickten Rückblick stellte Stefan Gloor fest, dass sein bevorstehender Schritt in einen neuen Lebensabschnitt auch von Wehmut begleitet sei. «Es war für mich eine spannende und interessante Zeit, in der es sich gelohnt hat, mein Bestes zu geben», so Gloor. Der abtretende Gemeindeschreiber verpasste keine seiner 68 Gemeindeversammlungen, begleitete etwa 20 000 Geschäfte und verfasste gemeinsam mit den Mitarbeitenden der Gemeinde rund 45 000 Seiten Protokolle. In dieser Zeit hatte er wesentlichen Anteil, dass aus der altherkömmlichen Amtsstube ein moderner, leistungsfähiger und bürgerfreundlicher Verwaltungsbetrieb hervorgegangen ist. Gloor wünschte seiner Nachfolgerin Fabienne Fischer, die bisher die Geschicke von Turgis Gemeindeverwaltung lenkte, alles Gute, bedankte sich bei Behörden, Mitarbeitenden und der Bevölkerung für das ihm entgegengebrachte Vertrauen und die durch Standing Ovations bekundete Wertschätzung.