Der Leder-Designer für Unikate

Der Ehrendinger Simon Telleschi fertigt in seinem Atelier hochwertige Lederwaren. In seiner Kreativwerkstatt entstehen Taschen nach Mass.
Im Herbst 2023 ist Telleschi in sein neues Atelier eingezogen, wo er an seiner Profi-Nähmaschine arbeiten kann. (Bild: lho)

Einst war er Hobby-DJ, heute näht er Ledertaschen und -accessoires. Den italienischen Nachnamen hat er von seinem Vater, sein Zuhause ist der Ort, an dem bereits seine Mutter aufgewachsen ist. Simon Telleschi ist Ehrendinger. Eine Besucherin an einem seiner Weihnachtsmarktstände konnte das 2022 gar nicht glauben: «So hochwertige Taschen aus unserem Dorf! Dass mir das bisher entgangen ist …» Kein Wunder. Telleschi nähte bis im Sommer 2023 bei sich zuhause im ehemaligen DJ-Zimmer. Lange hat er nach einem passenden Atelier gesucht und schliesslich konnte er es kaum glauben, als er online über ein Inserat gestolpert ist: Ein Hobbyraum in einer Überbauung nur fünf Minuten von seiner Wohnung entfernt.

Vom Schreiner zum Schneider
Im September bezog er sein neues, sorgfältig eingerichtetes Reich. Mit ihm eingezogen ist seine neue Nähmaschine. Die Investition ist zugleich der Entscheid, auf Profiniveau nähen zu wollen. «Diese Nähmaschine ist höhenverstellbar und mir ist es nun möglich, auch mit richtig dickem Faden zu nähen», schwärmt der 42-jährige. Neben sein neues Steckenpferd reihen sich eine Presse, ein Locher, und verschiedene Brenner. Im Schubladenturm unter dem Pult sind sorgsam Ösen, Druckknöpfe und Nieten einsortiert. In Boxen im Regal befinden sich Lederriemen, Gurtband und Schleifklötze.

Perfekt ausgestattet werkt Simon nun während gut acht Stunden in der Woche an seinen Lederprodukten. Das Nähen ist sein Hobby. Er arbeitet noch immer in einer 100-Prozent-Anstellung als Logistiker in einer Schreinerei. Ob er künftig vom Nähen leben möchte? «Das wäre unglaublich cool.»

Alles begann mit einer Erkrankung und der Nähmaschine seiner Mutter. Vor gut neun Jahren erlitt Simon Telleschi eine Virusinfektion, die eine Gesichtslähmung verursachte. Infolgedessen war er lange krankgeschrieben und hatte irgendwann gefühlt alle Bücher ausgelesen und sich alle Serien angeschaut.

Beim Stöbern auf Pinterest ergriff ihn die Inspiration: Er lieh sich die Nähmaschine von seiner Mutter aus, liess sich diese von seiner Freundin erklären und eignete sich die Grundlagen rund ums Nähen und Filzen an. Das erste fertige Stück hat Telleschi seiner Schwester geschenkt. Die Freude über die gefilzte Tasche mit Lederriemen war gross, aber schnell stellte sich heraus: Die Verarbeitung war noch nicht ganz gelungen und bedurfte der Vervollkommnung. Der kreative Bruder setzte sich noch einmal hin und tüftelte an einer optimaleren Umsetzung des Geburtstagsgeschenks. Das war der Anfang, und es folgte Produkt um Produkt. Eins ausgetüftelter als das andere. Simon Telleschi ist sich sicher: «Wäre diese Erkrankung nicht gewesen, dann hätte ich wohl nie losgelegt.»

Handgefertigte Einzelstücke
Auf dem Tisch im Atelier steht eine hellblaue Lederhandtasche. Daneben liegen Streifen schwarzer Lederzuschnitte. «Das ist für eine Kundin. Das Modell hat ihr gefallen, aber die Farbe entsprach nicht ihren Vorstellungen», erklärt der Designer. Die Sonderanfertigung ist kein Einzelfall: Simon Telleschi näht seine Stücke gern nach den Wünschen seiner Kundschaft. «Natürlich braucht dies seine Zeit, aber meine Kundinnen und Kunden sind geduldig.»

Bei der Frage nach seinen bisher aussergewöhnlichsten Aufträgen schwelgt Telleschi in Erinnerungen: «Einmal habe ich einen weissen Gurt passend zu einem Hochzeitskleid genäht. Ein anderes Mal habe ich Verdunkelungen für die Fenster eines an einer mehrtägigen Auto-Rallye teilnehmenden VW-Caddys gefilzt und ein Kunde brachte mir einst Straussenleder zum Verarbeiten vorbei.» Über Instagram wurde der Kontakt zu einem ehemaligen kreativen Schulfreund wiederaufgenommen. Aus einem ersten Auftrag entstand eine freundschaftliche Geschäftsbeziehung. Die beiden Männer tüfteln nun zusammen an neuen Produktideen.

Freunde spielen eine wichtige Rolle in Simons Werdegang: Den ersten Auftrag erhielt er von einem Freund, der nach einem Geschenk für seine Freundin suchte. Telleschi verkaufte ihm eine Beuteltasche. Das ist beinahe neun Jahre her. Die Qualität des Produkts spricht für sich, traf Telleschi das Paar doch im Sommer an der Badenfahrt mitsamt besagter Tasche am Arm der Frau. Die Begegnung sorgte gar für einen neuen Auftrag. Die geliebte Handtasche wird demnächst durch ein neueres Modell ausgetauscht werden.