Max Meyer starb im 107. Altersjahr

Die Region Brugg hat ihren ältesten Einwohner verloren. An seinem 100. Geburtstag verriet Max Meyer ein Rezept: «Ich habe immer normal gelebt.» Jetzt ist er im 107. Altersjahr gestorben.
Max Meyers Zuverlässigkeit und sein gutes Gedächtnis waren beeindruckend. (Bild: HPW)

Max Meyer gehörte nicht nur zum Club der Hundertjährigen, der in der ganzen Schweiz 2000 Personen zählt, sondern er war mit über 106 Lebensjahren auch der älteste Bewohner der Region Brugg, wenn nicht sogar des Aargaus. Für sein hohes Alter hatte er eine einfache Erklärung: «Ich habe immer normal gelebt.» Jetzt ist er im Pflegezentrum Süssbach, wo er die letzten anderthalb Jahre bei geistiger Klarheit lebte, gestorben. Bis im Juli 2022 hatte er im ersten Stock seines Hauses am Dohlenweg in Windisch gewohnt. Dort blieb er mit Unterstützung der Spitex sowie dank Treppenlift, Elektroscooter und Rollstuhl lange Zeit mobil – hin und wieder begegnete man ihm bei Einkäufen.

Eine Epoche Effingerhof erlebt
Die Buchdruckerei Effingerhof spielte eine zentrale Rolle in Max Meyers Leben. Dem Unternehmen hielt er 50 Jahre lang, von 1933 bis zur Pensionierung 1983, die Treue. Er fing als 16-jähriger Laufbursche an – die karge Jugend ermöglichte ihm keine Lehre – und beendete die berufliche Laufbahn als langjähriger Leiter der Zeitungsadministration. Bei ihm, am Schalter der Expedition, meldete sich, wer eine Zeitung beziehen, eine Ferienumleitung oder Annonce aufgeben oder eine Todesanzeige drucken lassen wollte. Er rechnete auch die im «Brugger Tagblatt», «Hausfreund», «General-Anzeiger» und «Genossenschafter» publizierten Inserate ab.

Seine Zuverlässigkeit und sein gutes Gedächtnis waren sprichwörtlich. Er erlebte über ein halbes Dutzend Ausbauphasen des Effingerhofs – zuletzt den Neubau des Verwaltungsgebäudes – und überlebte als ältester Firmenjubilar alle ehemaligen Chefs, die Direktoren Wächter, Keller, Kretzdorn und Suter, sowie das ganze «Damenkabinett», das in den Büros waltete und zu jener Zeit ausdrücklich mit «Fräulein» angesprochen werden wollte. Anekdotisch wusste er noch der Reihe nach die Bewohner an der Brugger Hauptstrasse und an der Kirchgasse aufzuzählen, denen er als junger Ausläufer Bücher und Zeitschriften überbringen musste, wobei ihm das Fräulein Gall von der Effingerhof-Buchhandlung einschärfte, dass er die Frau von Oberst Herzog mit «Frau Oberst» zu grüssen habe.

Sonnen- und Schattenseiten
Max Meyer erfuhr die Entbehrungen des Aktivdienstes 1939 bis 1945 in der Füsilierkompagnie I/59. Deren spätere Kameradschaftstreffen bedeuteten ihm viel. Überhaupt war er ein kontaktfreudiger Mensch. Er sang im Männerchor Liederkranz und, solang es bestand, im Chörli der SAC-Sektion Brugg mit. Sohn, Tochter und Enkelkinder bildeten sein stabiles Umfeld. Seine Gattin Paula starb vor zehn Jahren. Sie war lange Zeit pflegebedürftig. Relativ jung hatte sie sich vermutlich durch Milchprodukte mit der gefürchteten Bang-Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Brucella abortus übertragen wird, angesteckt und danach an einer Depression gelitten, was Max Meyer viel Kummer bereitete.

Längst pensioniert, entdeckte er, der sich im Druckereiumfeld jahrzehntelang des gedruckten Worts bediente, die neuen digitalen Kommunikationsmittel Computer und Handy. Er brachte es darin sogar zur Meisterschaft und gestaltete beispielsweise eigenhändig die Einladung zum 100. Geburtstag. Auch sein 106. Geburtstag wurde im letzten November nochmals im Kreis der Familie und zahlreicher Gäste gefeiert. Doch danach nahmen Max Meyers Kräfte ab, und am 12. Januar schlief er im 107. Altersjahr friedlich ein.

Der Club der Hundertjährigen
Von 1950 bis 2010 hat sich die Zahl der 100-jährigen und älteren Menschen in der Schweiz alle zehn Jahre nahezu verdoppelt. Zwischen 2012 und 2018 blieb die Zahl stabil. Seither ist laut Bundesamt für Statistik wieder ein Anstieg zu verzeichnen. Jedes Jahr gibt es durchschnittlich fast 100 Hundertjährige mehr, darunter mehr als 80 Prozent Frauen. Ende 2022 lebten in der Schweiz pro 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner durchschnittlich 22 Hundertjährige und Ältere. Die höchsten Quoten weisen die Kantone Tessin und Neuenburg auf. Dort entfallen auf 100 000 Bewohnerinnen und Bewohner über 40 Hundertjährige. Am tiefsten ist die Zahl in den Kantonen Appenzell Innerrhoden und Zug mit weniger als 10 pro 100 000 Einwohner. Im Aargau liegt die Quote bei 13 zu 100 000.

Die älteste Schweizerin war eine gebürtige Aargauerin: Alice Schaufelberger aus Reitnau starb 2020 in Zürich im Alter von 112 Jahren. Sie wuchs arm auf, las viel und ass gern Schokolade. 2017 starb in Beinwil am See Fräulein Elsa Plüss im Alter von 106 Jahren. Auch sie hatte eine entbehrungsreiche Jugend. Ihr Lebens­rezept: viel lesen, das Schöne aus dem Leben nehmen und – keinen Mann haben! Anna Ringier-Kieser aus Zofingen starb 2006 im 111. Lebensjahr. Mit 34 Jahren wurde sie Witwe und brachte ihre Familie allein durch. Der bisher älteste Schweizer Djafar Behbahanian, aus Persien stammend, starb 2018 in Basel mit 115 Jahren.