Argovia-Fäscht gefährdet Feldlerchen

Rückkehr eines Festanlasses sorgt nicht bei allen für Begeisterung. Die stark gefährdeten Feldlerchen brüten im Birrfeld. Auf die sensible Brutzeit nehmen die Veranstalter des Argovia-Festes keine Rücksicht.
Ein Grossfest bedroht die Kleinen. Die Feldlerche gehört zu den bedrohten Vogelarten. (Bild: Werner Müller | BirdLife Schweiz)

Der Gesang der Feldlerche als Frühlingsbotin erfreut nicht nur die Menschen, er inspirierte während Jahrhunderten auch Dichter und Komponisten. Für Leute, deren Sinne für die Klänge der Natur geschärft und offen sind, ist es ein unvergessliches Erlebnis, an einem schönen Frühlingsmorgen den Singflug der Feldlerche zu beobachten und ihm zu lauschen. Das Männchen schwingt sich spiralförmig bis 60 Meter und mehr in die Höhe und singt dabei ununterbrochen. Dann verharrt es oft einige Minuten schwirrend an der gleichen Stelle und lässt dabei sein Lied weiterklingen. Schliesslich fällt der Vogel plötzlich wie ein Stein zu Boden, das letzte Stück mit angelegten Flügeln und ohne seinen Gesang zu unterbrechen. Kurz über dem Boden entfaltet die Feldlerche ihre Flügel und fängt den Sturzflug ab.

Eine Feldlerche bei ihrem melodiösen Singflug. (Bild: bhe)

Eine bedrohte Vogelart
Noch vor wenigen Jahrzehnten war dieses Spektakel in ländlichen Gegenden allgegenwärtig. Mittlerweile gehört die Feldlerche hierzulande zu den stark gefährdeten Vogelarten. Im Kanton Aargau wurde 2021 eine umfassende Feldlerchenzählung durchgeführt. Während man vor 30 Jahren rund 500 Brutreviere nachweisen konnte, schrumpften diese auf 200. Lediglich in drei Gebieten zählte man noch mehr als 20 Brutreviere. Hierzu gehört das Birrfeld, das Teil des Feldlerchen-Förderprojekts 2020–2024 des Kantons ist. Es ist aber seit vielen Jahren auch Austragungsort des mittlerweile gigantischen Argovia-Fäschts. Fachkundige Beobachtungen haben gezeigt, dass im südlichen Teil des Birrfelds die Lerchenreviere konzentriert vorkommen. In genau diesem Gebiet hat 2022 das Argovia-Fäscht nach zweijähriger Coronapause stattgefunden, mit dem Hive Air sogar an zwei Wochenenden mit über 40 000 Besucherinnen und Besuchern. Birdlife Aargau hat nach dem Argovia-Fäscht 2022 versucht, mit allen Beteiligten eine Lösung zugunsten der Feldlerchen zu finden. Dabei war es nicht um die Verhinderung des Anlasses gegangen, sondern um eine Verschiebung in den Spätsommer – also in eine Zeit nach Beendigung der Brutzeit – oder an einen anderen Austragungsort. Darauf wollte CH Media, die bisherige Veranstalterin, nicht eingehen. Da überdies die Gemeinde Lupfig die Bewilligung für 2023 wegen der von der Anwohnerschaft beanstandeten Lärmbelästigungen nicht mehr gab, wurde das Fest damals nach Wohlen verlegt. Die Veranstalter verkündeten, dass der Austragungsort aus Rücksicht auf die Feldlerchen geändert würde.

Die Rückkehr ins Brutgebiet
CH Media hat die Organisation des Festanlasses ausgelagert. Der neue private Veranstalter überraschte kürzlich mit der Nachricht, dass am 22. Juni ein verkleinertes Beizlifäscht, unter anderem mit «Ballermann-Zelt», stattfinden werde – ohne vorherige Information an Birdlife Aargau und die Schweizerische Vogelwarte. Da der Veranstalter kein Entgegenkommen der Gemeinde Lupfig erwarten konnte, wurde das Festgelände kurzerhand über die Grenze in die Gemeinde Birrhard verschoben. Beim dortigen Gemeinderat stiess man bei der Anfrage auf offene Ohren. Aber auch dort brüten die Feldlerchen, da sie sich nicht an Gemeindegrenzen halten. Zudem strahlen die Störungen weit über das Festgelände aus. Laut Birdlife Aargau hat der Anlass 2022 gezeigt, dass die Organisatoren die Besucherlenkung nicht im Griff hatten. Gesperrte Feldwege wurden begangen und befahren, Absperrungen umgeworfen oder auf die Seite gestellt. Private Partys am Feldrand, Getränkedepots und Littering in den Feldern sind dokumentiert. Der Umstand, dass der diesjährige Anlass kleiner sei, macht die Sache nicht besser, denn es werden wieder Tausende Menschen in einem sensiblen Gebiet unterwegs sein.

In seiner Pressemitteilung kommt der Verband Birdlife Aargau zu dem Schluss: «Das Vorgehen der Organisatoren hat gezeigt, dass diese nicht an konstruktiven Lösungen interessiert sind und definitiv kein Interesse an den Naturwerten unserer Region haben.»

Private Party am Feldrand während des Argovia-Fäschts 2022. (Bild: zVg | Werner Bühler)