Leben und denken in Alternativen

Filmemacher Andi Hofmann – stiller Rebell und Verfechter der alternativen Kulturszene. Er hat über 200 Filme gedreht. Der Badener überlässt das Rampenlicht gern anderen und zieht im Hintergrund die Fäden.
Andi Hofmann bei einem seiner Einsätze als Filmemacher. (Bild: zVg)

Es ist unter anderem der Initiative von Andi Hofmann zu verdanken, dass das ehemalige Kino Royal in Baden bis heute als Kulturlokal weiterbetrieben werden kann und 2011 nicht für neue Parkplätze abgerissen wurde. «Ich sah damals das entsprechende Baugesuch auf Social Media und mobilisierte sofort eine Gruppe von Gegnerinnen und Gegnern. Am nächsten Tag standen 50 Leute vor dem Haus, um sich für dessen Erhalt einzusetzen», erzählt der 47-Jährige. Sein Herz schlägt seit jeher für alternative Subkulturen. Mainstream interessierte ihn nie. «In der Primarschule war ich eher der Träumer und sah keinen Sinn im herkömmlichen Schulsystem», erinnert er sich an seine Jugend.

Um der Realität zu entweichen, drehte er in der Freizeit kleine Filme und kreierte darin lustvoll seine eigenen Welten fern jeglicher Konventionen. Daraus entwickelte sich eine Leidenschaft, die er beharrlich perfektionierte. Heute ist Hofmann aus der alternativen einheimischen Filmszene nicht mehr wegzudenken und hat unter dem Synonym «King of Trash» vor allem in seiner Heimatstadt Baden, aber auch darüber hinaus einen grossen Bekannheitsgrad erlangt. Über 200 Filmprojekte gehen mittlerweile auf sein Konto. Hinzu kommen zahlreiche Videoclips und Lichtprojektionen. Ein Teil seiner bisweilen schräg anmutenden Werke war 2019 an einer Werkschau im Historischen Museum Baden zu sehen. Im Zofinger Kunsthaus projizierte er zusammen mit dem Künstler Daniel Bracher das emotionale «Innenleben» des Stadthelden Niklaus Thut auf 100 Wetterballons.

Kampf gegen das Establishment
Mit der gleichen Leidenschaft, mit der er Filme dreht, engagiert sich Andi Hofmann seit 2009 in seinem 60-Prozent-Job als Jugendarbeiter und Betriebsleiter des Jugendkulturlokals Oxil in Zofingen. Im Auftrag des Stadtrats entwickelte er mit dem Kulturverein ein neues Betriebskonzept und baute das Oxil an einem neuen Standort auf. Seither ist er mitverantwortlich für das reichhaltige Programmangebot, die Jugendarbeit sowie die Vermietungen des Lokals. «Der Arbeitsaufwand ist enorm. Aber die Arbeit mit den Jugendlichen und dem Kulturverein macht mir riesigen Spass», bekundet er und lacht. Der Vater einer Tochter bezeichnet sich gern als «Widerstandskämpfer gegen das Establishment» und nimmt in Kauf, dass er damit selbst ebenfalls auf Widerstand stösst.

Über 200 Konzerte und Events hat Hofmann für verschiedene Lokalitäten in seinem Wirkungskreis organisiert. Auch die Werkstatt des Demuth-Areals lässt er bis zum bevorstehenden Abriss regelmässig mit speziellen Kulturveranstaltungen bespielen. Aus seinen vielfältigen Aktivitäten ist mit der Zeit ein riesiges Netzwerk entstanden, dessen Synergien er gut zu nutzen weiss. Dadurch nahmen auch die Filmaufträge zu. «In den letzten Jahren war ich sozusagen eine One-Man-Show. Bei allen Projekten immer allein für Drehbuch, Kamera und Schnitt verantwortlich zu sein, wurde neben meinem Job in der Jugendarbeit mit der Zeit sehr anstrengend», meint er. Um weiterhin beidem gerecht zu werden, schloss er sich 2021 mit Elias Hauschild und Mike Enichtmayer zum Künstlerkollektiv Die Mühle zusammen. In ihnen hat er Gleichgesinnte gefunden, die seine Ideologien teilen und sich nicht dem Kommerz verpflichten. «Wir wollen keine Werbung für Grossunternehmen machen, sondern Aufträge annehmen, hinter denen wir inhaltlich 100-prozentig stehen können. Die finanzielle Rentabilität steht dabei erst an zweiter Stelle», sind sich die drei einig. Den Service, den sie bieten, bezeichnen sie als «alternative Dienstleistung» und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Kunden als «Komplizenschaften».

Von Punkrockern und den zehn Geboten
Einen festen Standort beziehungsweise ein eigenes Atelier hat das Trio bisher noch nicht. «Dadurch haben wir gerade jetzt in den Anfängen finanziell weniger Druck und können umso mutiger unsere Visionen realisieren», sagt Hofmann. In der neuen Kooperation präsentierten sie zum Auftakt einen Videoclip für Rams, das Urgestein des Schweizer Punkrocks. Dazu kam unter anderem ein Film über die Aktionskünstler Frank und Patrik Riklin, die mit ihrer Neuinterpretation der zehn Gebotstafeln schweizweit für Aufsehen sorgten. Zurzeit arbeitet Die Mühle mit Boni Koller zusammen, der früher Sänger bei der Punkgruppe Baby Jail war und später die Texte für die Kinderlieder der Band Schtärneföifi schrieb.

Das Melo-Drama «All That Remains Is Sound», in dem der leere Stausee im Verzascatal eine zentrale Rolle spielt, wurde an der Aargauer Kurzfilmnacht ausgestrahlt. Ideen haben die Kreativschaffenden bereits viele. Und greifen sie oft schon auf, bevor ein konkreter Auftrag vorhanden ist. «Vieles wächst bei uns organisch von innen heraus und führt dann zu einer Zusammenarbeit, die für beide Seiten stimmt», berichten sie aus ihren bisherigen Erfahrungen. «Wir ergänzen uns hinsichtlich der verschiedenen Stärken ideal», zeigt sich Hofmann glücklich. Aus dem früheren Einzelkämpfer ist ein Teamplayer geworden, der mit neuer Energie in seine Zukunft schaut.