Es

Vielleicht haben Sie sich auch schon gefragt: Wer oder was ist eigentlich dieses geheimnisvolle Es, das wir bei jeder Gelegenheit so leichthin zitieren? Es begegnet uns auf Schritt und Tritt, ohne dass wir es merken. Es ist überall. Das ist mir im Thermalbad plötzlich bewusst geworden. Dort steht unmissverständlich: «Wenn es blinkt, bitte Düse wechseln.» Welches höhere Es ist da wohl am Werk? Und während ich im warmen Wasser diesem Gedanken nachhänge, wird mir klar: Genau genommen hat Es uns völlig im Griff.

Wenn es zum Beispiel rot wird, halten wir vor der Ampel an, und wenn es grün wird, laufen oder fahren wir wieder los. Wenn es regnet, nehmen wir gefügig den Schirm, wenn es schneit, ziehen wir uns automatisch wärmer an. Wenn es Nacht wird, legen wir uns schlafen. Sie können die Reihe beliebig fortsetzen. Es ist einfach so. Es umgibt uns wirklich allüberall. Am Morgen, Mittag und Abend gibt es etwas zu essen. Es hat je nachdem auch Wasser oder Wein. Wem habe ich es nur zu verdanken? Im Grunde ist mir gar nicht recht, dass Es es so gut mit mir meint.

Umgekehrt hetzt Es mich aber auch dauernd herum. Wenn es läutet, haste ich zum Telefon, zur Haustür oder grapsche nach dem Handy. Und wenn Es irgendwo im Haus rumpelt, schaue ich nach, was es war. Halten Sie das eigentlich noch aus, immer zu tun, was es dieserart tagein tagaus zu tun gibt? Oder haben Sie vielleicht ein Rezept gefunden, wie man es anders machen könnte? Vielleicht nehme ich es auch einfach viel zu ernst, womöglich ist es ja gar nicht so schlimm?

Aber manchmal kann Es auch zu weit gehen. Wenn ich auf die Uhr schaue, sehe ich, dass es Zeit ist. Es ist sogar höchste Zeit. Ich sollte längst wieder die Düse wechseln. Es hat geblinkt, und mein Nachbar schaut mich finster an, weil ich es nicht beachtet habe. Wenn er wüsste, dass ich gerade drauf und dran war, eine philosophische Schlüsselfrage unseres Daseins zu knacken! Aber es hat nicht sollen sein. Es blinkt schon wieder!

ernst.bannwart@bluewin.ch