Weine und ihre Produzenten entdecken

Tag der offenen Weinkeller 2024 im Aargau. Am 1. Mai – und teilweise bereits dieses Wochenende – laden 25 Aargauer Weingüter in ihre Keller ein. Gäste erwartet allerlei Wissenswertes.
Judith Schödler verfolgt in ihrem Rebberg Bio pur und ersetzt nach und nach alte Weinstöcke durch krankheitsresistente Piwi-Neuzüchtungen. (Bilder: bkr)

Eintauchen in die Welt der Weine – das Wochenende vom 27./28. April und der 1. Mai bieten im Rahmen der «Offenen Weinkeller 2024» schweizweit Gelegenheit dazu. Im Aargau beteiligen sich 25 Winzerinnen und Winzer – schwergewichtig im Osten des Kantons mit seinen privilegierten Weinlagen. Die offenen Weinkeller sind nicht nur ein Ziel für Weinliebhaberinnen und Weinliebhaber, sondern sie bieten ebenso einen idealen Ausflug für die Familie: Sei es zu Fuss, mit dem Velo oder öffentlichen Verkehrsmitteln – die Weinproduzentinnen und -produzenten sind leicht zu erreichen.

Pilzresistente Sorten aus Villigen
Zu jenen Winzerinnen, die am Tag der offenen Weinkeller mitmachen, gehört auch Judith Schödler aus Villigen. Sie pflegt mit ihrem Mann Nick Schnider eine mittlere Rebfläche und vinifiziert den Traubenmost im eigenen Keller. Geöffnet ist dieser am 1. Mai von 11 bis 17 Uhr. Schödler ist im elterlichen Bauernhof aufgewachsen. Nach ihrer Ausbildung zur Lehrerin für Textiles Werken reiste sie 1997 für einen Sprachaufenthalt in die Karibik. Während eines mehrjährigen Aufenthaltes in der Dominikanischen Republik hat sie in verschiedenen touristischen Bereichen gearbeitet. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz absolvierte sie eine Zweitausbildung als Winzerin und übernahm 2014 das Weingut ihrer Eltern Marie-Therese und Ruedi Schödler. Klar, dass auf den kalkigen Böden Villigens Trauben für gute Weissweine wachsen, wie die Sorte Müller-Thurgau. Weshalb wird dieser nicht unter dem traditionellen Namen Riesling-Sylvaner angeboten? Judith Schödler: «Weil es in diesem Wein – wie man heute ja weiss, definitiv keinen Sylvaner hat.» Schmunzelnd sagt sie: «Hinzu kommt, dass mein Mann Thurgauer ist.» Tradition ist Schödler wichtig – die Zukunft des Rebbaus sieht sie jedoch in roten und weissen pilzresistenten Rebsorten, den sogenannten Piwi. Das sind neue Züchtungen, die pilzwiderstandsfähig sind. Ihre Namen entspringen der Fantasie und ihre Aromen sind überraschend und interessant. «Man muss sie probieren», sagt Schödler. «Einfach so im Laden verkaufen, funktioniert nicht.» 85 Prozent ihrer Weinmenge verkauft Schödler direkt an Private.

Der Würenlinger Winzer und Nationalrat Andreas Meier setzt in seinem Weingut «Zum Sternen» auf Weine, die den Charakter des Terroir in den Reben spiegeln.

Die Terroirs des «Sternen» Würenlingen
Bio und die Reben möglichst wenig spritzen, ist auch die Philosophie von Andreas Meier. Er führt das Weingut «Zum Sternen» in Würenlingen. Speziell ist, dass Meier, wie schon sein Vater, selber Reben veredelt – sie wie bei Obstsorten auf eine sogenannte Unterlage aufpfropft. Das Weingut «Zum Sternen» zeichnet sich seit Jahrhunderten durch Tradition aus – und dadurch, dass auf verschiedene Terroirs gesetzt wird. Terroir ist das Zusammentreffen von Klima, Boden und Landschaft. Die wohl bekannteste Lage des Weinguts ist beim Kloster Sion am Klingnauer Stausee. Die hier einst vom Grossvater erworbenen Rebparzellen mit ihren mineralreichen Doggerböden liefern Trauben für geschmeidige rote und weisse Weine. «Ganz anders die Lage Firsthalde in Würenlingen», sagt Meier, der für «Die Mitte» dem Nationalrat angehört. «Der Boden wird durch Kalksteinschotter – wie an der Mosel bei Bernkastel – gebildet.» Produziert wird hier exzellenter Gewürztraminer. Auf der Molasse des Wannenbergs (ebenfalls Würenlingen) entsteht Chardonnay. Zu degustieren gibt es diese und andere Weine am Samstag, 27. April, von 11 bis 18 Uhr, und am 1. Mai von 11 bis 17 Uhr in der Trotte des Weinguts hinter dem Restaurant Sternen. Geöffnet ist natürlich auch der Weinkeller. 130 Meter ist dieser insgesamt lang und besteht zu einem schönen Teil aus klassischen Fässern, die Fachleute als Stückfässer bezeichnen. Apropos Fachleute: Auf Andreas Meier wird dereinst seine Tochter Patrizia folgen. Nach einem Studium der Musikwissenschaften an der Universität Bern hat sie sich dem Wein zugewandt und ist vor drei Jahren in den Betrieb eingetreten.

Im Weingut von Martin Wetzel in Würenlos wächst vor allem Blauburgunder, aus dem bei der Vinifizierung Spezialitäten wie Federweisser oder Pinot Noir Rosé entstehen.

Würenlos an der Grenze zum Kanton Zürich
«Wir machen beim Tag der offenen Weinkeller immer mit», sagt Martin Wetzel, dessen Weingut in Würenlos – Zufahrt in Richtung Furttal beim Schwimmbad – hoch über der Limmat mit weitem Blick bis in die Vororte von Zürich liegt. «Im Gegensatz zu uns Aargauern haben die Zürcher am
1. Mai einen freien Tag und nutzen ihn gerne für einen Ausflug in die Rebberge und die Keller.» Im Unterschied zu anderen Events auf dem Weingut nutzen diesen Tag nicht nur altbekannte Gesichter. «Wir kommen mit neuen Kundinnen und Kunden in Kontakt – speziell auch mit jüngeren Leuten.» Wetzel? Martin Wetzel: «Ja, ich bin einer der drei Brüder, die heute alle ihren eigenen Betrieb haben, aber in vielen Bereichen zusammenarbeiten.» So beispielsweise bei der Produktion von Schaumwein. Auf seinem Gut hat Martin Wetzel eher wenig Riesling-Sylvaner. «Zum Glück», sagt er. Diese Trauben seien heute – Stichwort Klimaerwärmung – (zu) früh reif. Wetzel produziert zwar eine schöne Anzahl von roten und weissen Sorten, ist und bleibt aber als Winzer ein Anhänger des Blauburgunders. «Aus ihm können wir Federweissen und Rosé herstellen, was speziell jüngere Leute anspricht, die leichte, elegante Weine suchen.» Für Federweissen werden rund 70 Prozent der Ernte verwendet. Zudem ist Wetzels Schaumwein ein Pinot Noir, wie der Blauburgunder auch genannt wird. Zur Degustation lädt er am 1. Mai von 11 bis 17 Uhr ein und betreibt in Ergänzung eine Festwirtschaft. Am 27. April findet in Würenlos der grosse «Früeligsmärt» auf dem Schulareal (von 9 bis 17 Uhr) statt – auch hier ist Wetzel mit seinen Weinen präsent.