Ein Blick in Grossmutters Küche

Das Jahresthema des Ortsmuseums lädt zum Nachdenken über das Haltbarmachen von Lebensmitteln ein – ein altes und dennoch aktuelles Thema.
Vreni Peter und Franz Umbricht. (Bilder: mpm)

Es ist in aller Munde: die Lebensmittelverschwendung der heutigen Zeit. Zero Food-Waste ist die Forderung, Lebensmittel sollen nicht weggeworfen, sondern weiterverwendet werden. Reste kochen, nicht perfekte Lebensmittel essen und vor allem: Haltbarmachen und Konservieren von frischen Produkten für spätere Zeiten. Mit dem Konservieren befasst sich das Ortsmuseum Untersiggenthal, und schnell wird klar: Zero Food-Waste ist gar nicht so neu, sondern war früher Alltag.

Ein Ei in Wasserglas.

Von Eiern in Wasserglas …
Am ersten Museumsmittwoch zum Jahresthema «Eingemacht und zugedreht» kam eine kleine, aber feine Gruppe von Menschen zusammen, die das Haltbarmachen, wie es früher praktiziert wurde, aus persönlicher Erfahrung noch kennen. So beispielsweise Margrit Scherer (76), die sich noch gut an ihre Zeit als Kind erinnern kann. «Wir waren acht Kinder, und natürlich waren wir Selbstversorger», erzählt sie. «Wir hatten Hasen, einen grossen Garten, und es wurde alles gesammelt und haltbar gemacht, getrocknet oder eingekocht.» In der heutigen Zeit von hochgezüchteten Legehennen mit täglich gelegten Eiern mag sich kaum jemand mehr daran erinnern, dass die Hühner früher im Winter wenig bis gar keine Eier legten. Woher also kamen die Eier im Winter?

«Früher wurden ab Spätsommer und Herbst die frischen Eier gesammelt und in Wasserglas gelegt», erklärt Vreni Peter (61) vom Ortsmuseum. Wer sich nun ein Glas mit Wasser und Eiern darin vorstellt, liegt falsch – Wasserglas ist ein sehr aggressives Konservierungsmittel, das man mit gekochtem, kaltem Wasser mischte und in Steingutflaschen abfüllte. Die frischen, sauber gebürsteten Eier wurden mit der Spitze nach unten hineingelegt. So konnten frische Eier für mehrere Monate haltbar gemacht werden. «Eine Dame hat mir berichtet, wie schrecklich sie es gefunden habe, die Eier aus der glibberigen, schleimigen Masse im Keller holen zu müssen», sagt Vreni Peter und schmunzelt. Die Zeiten haben sich geändert: Heute raten die Hersteller, Wasserglas unzugänglich für Kinder aufzubewahren. Dass der Prozess aber funktioniert, demonstrierte Vreni Peter mit herrlichen Spiegeleiern aus Eiern, die im Januar in Wasserglas eingelegt wurden.

Margrit Scherer.

… bis zu Konfitüren, Sirup und Konserven
Nicht nur Eier wurden konserviert: Man kochte Konfitüren, Sirup, verwendete dazu Früchte aus dem Garten, auch das Gemüse wurde eingelegt. Und man blickte über den Gartenrand: Wald und Feld gaben Bärlauch, Löwenzahn und Nüsse. Franz Umbricht (78) demonstrierte gekonnt das Verfeinern von Öl mit eingelegten Bärlauchblättern, Marlen Hitz (80) stellte nebst Randensalat auf Vorrat (eingelegt in Essig mit Gewürzen) einen ausserordentlich feinen Löwenzahnsirup vor und gab einen Tipp für Holundersirup: «Den besten Sirup erhält man, wenn man die Blüten in ein grosses Glas mit abgekochtem Wasser gibt und dieses ein bis zwei Tage an die Sonne stellt, danach kann man den Sirup ganz normal kochen.» 

Schnell geht heute in Zeiten von 24/7-Tankstellenshops vergessen, wie wichtig diese Fertigkeiten früher waren: Wer frühzeitig einen Vorrat anlegte, konnte im Winter oder in Notzeiten darauf zurückgreifen. «Wir möchten mit unserem Jahresthema das Bewusstsein hierfür wieder schärfen», erklärt Katja Stücheli, Präsidentin des Ortsmuseums.

Das Ortsmuseum Untersiggenthal ist jeden ersten Sonntag im Monat von 10 bis 12 Uhr und jeden letzten Mittwoch von 17 bis 19 Uhr geöffnet.

Museumstag: Sonntag, 26. Mai, 10 Uhr bis 16 Uhr
Ortsmuseum, Untersiggenthal

In Rapsöl eingelegter Bärlauch.