Forscherinnen und Forscher sind griesgrämige, weltfremde Grübler, missmutige Greise in ihrem Elfenbeinturm? – Blödsinn! Zwei überaus fröhliche, junge Frauen erzählen voller Enthusiasmus von ihrer Forschungsarbeit und von der Anerkennung, die ihnen dafür zuteilgeworden ist.
Annäherung an das Murimoos
Alina Eichenberger (19) aus Birr und Sena Zimmermann (20) aus Gebenstorf wurden anlässlich des nationalen Wettbewerbs der besten Jungforscherinnen und Jungforscher der Schweiz für ihre Arbeit mit dem Prädikat «sehr gut» ausgezeichnet. Sie erhielten einen Preis in Höhe von 1000 Franken. Ihr Forschungsprojekt trägt den Titel «Von der Arbeitskolonie zum Internierten-(Straf-)Lager – das Lager Murimoos in den 1930er- und 1940er-Jahren».
Zum Abschluss ihrer Ausbildung an der Gymnasialabteilung der Kantonsschule Baden mussten die beiden eine grössere Projektarbeit vorlegen. Die Thematik der Schweizer Interniertenlager weckte ihr Interesse, und sie begannen, sich im Internet nach ersten Informationen umzusehen. Dabei stiessen sie auf eine Liste der rund 600 Lager, die im fraglichen Zeitraum in der Schweiz existierten, darunter die Arbeiterkolonie Murimoos im aargauischen Freiamt. Bei sehr geringem Lohn, aber bei Kost und Logis arbeiteten dort bis zu 80 Männer – durchwegs Schweizer – in der Landwirtschaft, in der Försterei und im Torfabbau. Im Zuge des Aktivdienstes mussten jedoch ab 1939 viele von ihnen ins Militär einrücken. Die frei gewordenen Kapazitäten bewirkten, dass im Murimoos Emigranten einquartiert wurden. Darunter waren zahlreiche Italiener, aber auch Menschen aus anderen Ländern.
Massenschlägerei mit Folgen
Im Verlauf dieser Entwicklung sah sich die Lagerleitung vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt, die Ordnung im Lager Murimoos aufrechtzuerhalten. Während sich die meisten Schweizer dem strengen Regime anpassten, hatten vor allem die lebenslustigeren Italiener damit mehr Mühe. Sie suchten und nutzten Freiräume und schürten damit den Missmut der Eidgenossen. Das wiederum veranlasste die Lagerleitung zu noch strengeren Massnahmen, die teilweise an solche in Straflagern erinnerten. Die Fronten verhärteten sich zunehmend, und 1944 kam es schliesslich zu einer Massenschlägerei mit 44 Beteiligten, hauptsächlich Schweizer und Italiener. Daraus resultierte eine ganze Reihe von mehr oder minder schwer Verletzten. Als Folge davon wurde der grösste Teil der Belegschaft und der Bewohner des Lagers ausgetauscht.
Samuel Holligers Werk
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden bis 1946 nach und nach alle Schweizer Interniertenlager geschlossen, auch Murimoos. Es schien, als habe damit die Geschichte des Freiämter Lagers ein Ende gefunden. Aber nach gründlichen Umbau- und Renovationsarbeiten belebte sich der Ort ab 1986 wieder, nach wie vor im Geiste des Gründerpfarrers Samuel Holliger, aber mit ganz neuer Ausrichtung. Physisch und psychisch beeinträchtigte Menschen leben nun dort in betreuten Wohneinheiten. Sie sind in der Holzbearbeitung, der Tierhaltung und auf dem Biohof beschäftigt.
Der Betreuer von Alina Eichenberger und Sena Zimmermann ermutigte die beiden Maturandinnen, ihre Arbeit beim Wettbewerb Schweizer Jugend forscht anzumelden. Bereits im Januar durften sie ihr Projekt in Bern vorstellen. Sie bestanden damit die Vorselektion, und sie erhielten Tipps, wie sie im Rahmen einer Überarbeitung ihre Arbeit weiter aufwerten konnten. Und so durften sie vom 25. bis zum 27. April das Lager Murimoos beim nationalen Wettbewerb in Fribourg einer Jury und der Öffentlichkeit präsentieren. Mit Erfolg, wie die eingangs erwähnte Prämierung zeigt. «Bei unserer Forschungsarbeit dachten wir zunächst gar nicht an Schweizer Jugend forscht. Umso mehr freut uns nun diese Auszeichnung», erklären die beiden Jungforscherinnen.
Alina Eichenberger und Sena Zimmermann erzählen vom Vergnügen, das ihnen diese Forschungsarbeit bereitet hat, und von der Freude und dem Stolz über das Erreichte. Das Suchen und Finden in mehreren Archiven stellte eine ganz neue Erfahrung für sie dar. Getrübt nur vom Umstand, dass ihnen die Leitung des Murimoos den Zugang zum betriebseigenen Archiv verwehrte, sodass ihnen die wichtigste Quelle für ihre Arbeit verschlossen blieb. Trotzdem: «Das Forschen und Entdecken war für uns eine neue, überaus spannende Erfahrung. Wir haben Zusammenhänge und Erkenntnisse gefunden, die nicht nur für uns ganz neu sind. Das hat Spass gemacht.»